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Integration
„Kein unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling wird allein gelassen“
Bei einem Besuch der Wohngruppe für jugendliche Flüchtlinge haben sich Erster Kreisbeigeordneter Dirk Noll, Betreuer Markus Schönhoff, Martin Brosche (Geschäftsführer der Pädagogisch-Therapeutischen Wohngruppen Schumann-Held gGmbH), Jugendamtsleiterin Anette Kranz und Julian Gilbert (Stabstellenleitung im Fachbereich Jugend, Soziales und Senioren) über die Situation in der Wohngruppe und die Zusammenarbeit beider Parteien ausgetauscht. Foto: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Wer als ausländisches Kind oder Jugendlicher nach seiner Flucht in Deutschland einreist, muss betreut und versorgt werden. Erste Anlaufstelle ist das Jugendamt. Der Landkreis Hersfeld-Rotenburg arbeitet hierbei eng mit drei freien Jugendhilfeträgern zusammen. Einer davon sind die Pädagogisch-Therapeutischen Wohngruppen Schumann-Held, die kürzlich neun Wohnplätze für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge eingerichtet haben.
Hersfeld-Rotenburg, 14. April 2023 – „Wir lassen keine unbegleiteten, jugendlichen Flüchtlinge, die nach ihrer Flucht aus Kriegs- oder Krisengebieten zu uns kommen, alleine“, sagt Erster Kreisbeigeordneter und Sozialdezernent Dirk Noll. Er meint damit jugendliche Flüchtlinge, die ohne Eltern oder andere Erziehungsberechtigte aus ihren Heimatländern flüchten. Im Amtsjargon heißen sie „umA“, also unbegleitete, minderjährige Ausländer. Das Jugendamt des Kreises kümmert sich um sie, nimmt sie vorläufig in Obhut, führt das Erstscreening durch und sorgt für ihre Unterbringung und Betreuung. Aktuell ist das Jugendamt für 39 umAs zuständig. In Zusammenarbeit mit dem freien Jugendhilfeträger Schumann-Held hat das Jugendamt des Kreises Vereinbarungen zur Betreuung von umAs in einer Wohngruppe geschlossen.
In der Wohngruppe in Bad Hersfeld leben seit kurzem neun Jugendliche aus Afghanistan, Syrien, Albanien und der Türkei im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren. Die jugendlichen Flüchtlinge werden rund um die Uhr von Sozialpädagogen und anderen Mitarbeitenden betreut. Einer von ihnen ist Martin Brosche, gleichzeitig auch der Geschäftsführer der gemeinnützigen Pädagogisch-Therapeutische Wohngruppen Schumann-Held GmbH. Er unterstützt gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen die Kinder und Jugendlichen, ihre persönlichen oft traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und mit der Lebensrealität in Deutschland zurechtzukommen.
„Man muss sich hier auf die Bedürfnisse und Lebenssituation der Jugendlichen einstellen“, beschreibt Brosche seine Tätigkeit in der Jugendhilfe, die er positiv erlebt. „Hier hat jeder sein eigenes Zimmer, das ist schon mal eine tolle Voraussetzung für den Neuanfang in Deutschland. Das müssen wir den Jugendlichen auch klarmachen.“ Die Jugendlichen besuchen auch Sprachkurse, „denn nur mit dem Spracherwerb kann die Integration auch gelingen“, so Brosche.
Bei einem Besuch der Wohngruppe haben sich Vertreter des Landkreises mit Martin Brosche darüber ausgetauscht, wie es mit der Wohngruppe und den Jugendlichen läuft. „Martin Brosche hat sich von Anfang an sehr für diese Zielgruppe engagiert“, erklärt Jugendamtsleiterin Annette Kranz. Damit meint sie bereits die Jahre 2015 und 2016, „wo wir schon mit Herrn Brosche zusammengearbeitet haben“, so Kranz. Diese Kooperation haben beide Parteien „gut hinbekommen“.
„Wir sind sehr zufrieden“, beschreibt Brosche die aktuelle Situation und Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Glücklicher wäre er, wenn es mehr Sprachkurse gäbe, aber er weiß selbst um den Mangel an qualifizierten Dozenten. Der Landkreis tue alles, so Vize-Landrat Noll, um mehr Kursleiterinnen und Kursleiter zu finden.
„Im Normalfall erleben wir hier positive Entwicklungen bei den jungen Menschen“, bilanziert er das Zusammenleben in der Wohngruppe. Bei über 17 von 20 ehemaligen Bewohnern der Wohngruppe liegen Informationen zu ihrer beruflichen Entwicklung vor. Laut Brosche haben sechs Jugendliche ihre Lehre und eine Person ihr Studium erfolgreich abgeschlossen und arbeiten zum Teil auch schon seit mehreren Jahren. Vier Jugendliche befinden sich aktuell noch in Ausbildung und fünf Personen arbeiten ohne abgeschlossene Ausbildung in unterschiedlichen Bereichen. Schwerpunkte bei den Fachkräften seien vor allem der Bau und das Kfz-Handwerk. „Das freut uns und macht uns natürlich auch ein wenig stolz“, sagt Brosche. Er sehe dies als Zeichen, dass alle Betreuer und vor allem die jungen Menschen selbst ihr bestmögliches getan haben, den Jugendlichen bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme zu helfen und sie bei der Integration zu unterstützen.
Auch in Zukunft, versichert Noll, werde der Landkreis eng mit verschiedenen Partnern der freien Jugendhilfe zusammenarbeiten, um umA’s unterzubringen, zu versorgen und sie in die Gesellschaft zu integrieren.